13.02.2006 – Musik die ankommt
Musik die ankommt
Artikel „Trierischer Volksfreund“ vom 13.02.2006
KONZ. „Wir machen Musik“: Unter diesem Motto gestalteten Solisten der Trierer Gesangsklasse von Ursula Bauer ein Programm mit alten Schlager- und Filmmelodien. Sie konnten einen immensen Erfolg verbuchen.
Von unserem Redakteur
DIETER LINTZ
Unverhofft kommt oft. Da wird zu einem Konzert an einem ganz gewöhnlichen Sonntagnachmittag ins Kloster Karthaus eingeladen. Und plötzlich strömen Menschenmassen in den kleinen Klostersaal, dass die Stühle nicht reichen und selbst die Stehplätze so knapp werden, dass sich mit einem Platz im Flur begnügen muss, wer nicht mindestens 20 Minuten vor Beginn da war.
Woran mag’s liegen? Dass die Veranstaltung keinen Eintritt kostet? Dagegen sprechen die vielen Geldscheine, die sich nachher in den Spendenboxen für einen freiwilligen Obolus stapeln. Die professionelle Werbung? Das haben andere auch schon versucht, mit weit weniger durchschlagendem Erfolg. Wahrscheinlich ist es das reizvolle Programm, das sich eines fast brach liegenden Genres annimmt: Filmmelodien aus den 30er-Jahren, von Peter Kreuder, Robert Stolz, Michael Jary und vielen anderen großen Komponisten der leichten Muse. Schöne, oft augenzwinkernde, meist schmalzfreie Schlager, Evergreens, denen – mal zu Recht, mal zu Unrecht – das Stigma der Durchhaltefilme jener Zeit anhaftet. Und die doch unüberhörbar Kinder sind der wilden, freien Berliner Cabaret-Jahre vor Beginn der Nazi-Barbarei.
Ein ideales Betätigungsfeld für die Gesangsschüler von Ursula Bauer, bietet sich doch ein dankbares Repertoire an, mit dem man sich profilieren kann, ohne risikoreich über stimmliche Grenzen hinaus zu gehen. Das Quartett Monika Hecken, Monika Weber, Carsten Emmerich und Tim Heisse spielt die kleinen Geschichten, die sich hinter den Schlagern verbergen, szenisch mit viel Spaß an der Freude aus, zeigt sich gesanglich versiert und dokumentiert, dass die langjährige Tätigkeit im Chor und Extrachor des Trierer Theaters den Protagonisten eine bemerkenswerte Bühnen-Souveränität beschert hat.
Bejubelte Edelsteine.
Da werden viele Stücke zu kleinen, vom Publikum bejubelten Edelsteinen: Robert Stolz’ „Auch du wirst mich einmal betrügen“ und Walter Kollos „Zwei in einer großen Stadt“ mit durchaus melancholischen Untertönen, das kecke „Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln geh’n“, Jarys unverwüstliches „Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern“ oder Kreislers gemeiner, aber nicht ganz unzutreffender „Musikkritiker“.
Für den musikalischen Hintergrund hat man sich mit Peter Kasper (Kontrabass) und Fred Boden (Schlagzeug) zwei vorzügliche Allrounder vom Philharmonischen Orchester ausgeliehen, aber staunen macht vor allem Christian Hill am Klavier. Ein 21-Jähriger, der mit einem Gefühl für das Zeitkolorit der Musik spielt, als wäre er mit den 70 Jahre alten Melodien groß geworden.
Am Ende jede Menge Beifall. Das Programm taugt für wesentlich mehr als ein einmaliges Gesangsklassen-Präsentationskonzert. Und nicht nur Konz hat einen schönen Saal, der sich über eine gelegentliche Überfüllung freuen würde.